Prüft alles und behaltet das Gute. (Thess 5,21)
Seit der Nationalratswahl vor über 100 Tagen haben die Koalitionsverhandlungen zu einem Vertrauensverlust geführt. Viele Bürger:innen sind besorgt um den Zusammenhalt und die Demokratie in unserem Land. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat die stimmenstärkste Partei mit der Regierungsbildung beauftragt und betont, dass demokratische Fundamente respektiert werden müssen.
Die Denkschrift „Evangelische Kirchen und Demokratie in Österreich“ (2002) betont die Übereinstimmung von christlichem Glauben und Demokratie: Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit sowie die Menschenwürde und Menschenrechte stehen im Mittelpunkt. Parteiprogramme und politische Äußerungen müssen stets am Evangelium gemessen werden.
Unsere Kirchen werden die politischen Entscheidungen weiterhin achtsam verfolgen und Einspruch erheben, wo nötig – insbesondere mit Blick auf die Auswirkungen auf Geflüchtete, Arme, Kranke und Menschen im globalen Süden. Die Sorge um Würde und Wohl der Schwächsten ist uns durch das Gebot der Nächstenliebe aufgetragen.
Unsere wichtigste Aufgabe bleibt, das Evangelium Jesu Christi in Wort und Tat zu verkünden – im Gottesdienst, in der Seelsorge und in der Diakonie. Die Liebe Jesu zu den Armen und Schwachen verpflichtet uns zu sozialem Handeln auf persönlicher und politischer Ebene. Alle, die sich dafür einsetzen, verdienen Schutz und Zuspruch der Evangelischen Kirchen.
Bischof Michael Chalupka
Wien, 9. Jänner 2025
Brief im vollen Wortlaut